Es ist, sagt Nicole Wiethoff, oft ein Tabu-Thema: Ein Paar, oder auch eine alleinstehende Frau, möchte gerne ein Kind bekommen, aber trotz aller Bemühungen bleibt die Schwangerschaft aus. Gut gemeinte Nachfragen von Außenstehenden bauen womöglich noch mehr Druck auf, irgendwann stellen sich das Gefühl des persönlichen Versagens und Scham ein – und vielleicht auch Neid auf Frauen, die ganz einfach ein Kind bekommen haben. „Einen nicht erfüllten Kinderwunsch sollte man nicht tabuisieren oder schweigend hinnehmen“, sagt Nicole Wiethoff, „ein Gespräch bietet große Chancen für alle Beteiligten.“
Möglich ist das nun auch bei der Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Bistum Münster, die in Moers und Xanten von Nicole Wiethoff geleitet wird. In den vergangenen Monaten hat sie sich zur Kinderwunschberaterin ausbilden lassen und nun ihr Zertifikat erhalten.
„Es geht bei unserem Gesprächsangebot natürlich vorrangig nicht um eine medizinische Beratung“, stellt sie klar. Gleichwohl gehörten auch diese Aspekte mit zur Ausbildung, „viele Klienten haben schon Arzt- und Klinikbesuche hinter sich, da ist es wichtig, dass ich weiß, von welchen Behandlungen und Belastungen die Rede ist“, erklärt Nicole Wiethoff. Auch ein Praktikum in einer Kinderwunschklinik gehörte daher zur Ausbildung. „Ich durfte Tag bei mehreren Arztgesprächen dabei sein und muss rückblickend sagen, dass ich als betroffene Patientin wahrscheinlich nicht viel verstanden hätte“, sagt sie. Daher gilt für ihre Beratung, dass sie sich Zeit für die Klientinnen und Klienten nimmt, um ausführliche Gespräche zu ermöglichen. Dabei kommen nicht nur Menschen zu ihr, bei denen der Kinderwunsch unerfüllt bleibt. „Die Bandbreite ist riesig“, betont die Beraterin, „es gibt Paare, die vor der Entscheidung stehen, ob sie überhaupt ein Kind wollen und solche, bei denen es Unstimmigkeiten zwischen den Partnern über diesen Wunsch gibt. Es sind grundlegende Entscheidungsfragen, mit denen die Menschen beschäftigt sind und in denen wir in der EFL unsere Beratung anbieten.“ Von einigen Paaren, mit denen Nicole Wiethoff auch nach der Beratung in Kontakt bleibt hat sie erfahren, dass doch noch eine Schwangerschaft eingetreten ist oder sich die Partner für eine Pflegschaft oder Adoption entschieden haben.
Eines ist Nicole Wiethoff wichtig: „Viele Frauen werfen sich bei Kinderlosigkeit ein persönliches Versagen vor und schämen sich. Da kann man den Paaren in der Beratung entlasten, dass sie nicht ,Schuld‘ sind oder ,versagt‘ haben, wenn der Kinderwunsch sich nicht erfüllt.“
Auch spiele ein „Plan B“, wie Nicole Wiethoff es nennt, eine wichtige Rolle. Denn viele Paare müssten erkennen, dass der Wunsch nach einem Kind trotz aller Bemühungen nicht in Erfüllung gehe, auch der Gang zur Kinderwunschklinik sei nie eine Garantie.
„Ich rate den Klienten, sich relativ früh damit zu beschäftigen, wie sie in ihrem Leben eine Erfüllung finden können, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt“, sagte sie. Ob es die Aussicht auf lange Reisen oder eine berufliche Neuorientierung ist, Nicole Wiethoff bemüht sich, in der Beratung mit den Klienten Perspektiven für eine positive Zukunft zu finden. Manchmal reicht dafür schon ein Gespräch, andere Paare nehmen die Begleitung durch die EFL über längere Zeit in Anspruch. Das Angebot der Beratungsstelle richtet sich an alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Religion oder sexueller Orientierung. Die Beratung erfolgt kostenfrei, es wird jedoch um eine freiwillige Spende gebeten.
Neben Nicole Wiethoff haben zwei weitere Beraterinnen im Bistum Münster die Ausbildung beim Beratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland (BKiD) absolviert. Sie umfasst mehrere Wochenend-Seminare sowie eine Hospitation in einer Kinderwunschklinik. Nach der Zertifizierung
müssen die Beraterinnen regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen. Dafür werden sie beim BKiD als Kinderwunschberaterinnen gelistet. Wer nicht in der Nähe einer EFL mit Kinderwunschberaterin lebt, kann über die Seite www.ehefamilieleben.de auch eine Onlineberatung buchen. Der Kontakt zur EFL Moers/Xanten ist telefonisch unter 02801 9885090 möglich.
Text: Pressedienst Bistum Münster
Foto: Bischöfliche Pressestelle / Christian Breuer
18.02.22